Thích Nhất Hạnh

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Die Stille gibt uns Menschen die Möglichkeit, vielseitig nachzudenken. Über den Sinn des Lebens nachzudenken ist ein spirituelles Training sowohl für unsere Seele als auch für unseren Verstand. Jede Religion hat verschiedene Anbetungsformen, die immer wieder mit der Stille in Zusammenhang gebracht werden. Im Buddhismus ist die Stille ein Bestandteil der Achtsamkeit. Mit seinem authentischen Stil ist der Buddhismus eine Lehre, die zu einer achtsamen und ruhigen Lebensweise führt.

Ludwig Feuerbach definiert die Religion ungefähr so: Religion ist, was deren Angehörige (in der Realität) ausüben. Paradoxerweise hat er viele Dimensionen der Religion in eigenartiger Weise in seiner Religionskritik ausgedrückt. In diesem Sinne möchte ich zusammen mit euch einen vietnamesischen Buddhisten kennenlernen und sein Leben sowie seine buddhistische Lehre reflektieren.

Thich Nhat Hanh war ein buddhistischer Mönch aus Vietnam. Er ist am 11.Oktober 1926 in der Region Annam im damaligen französischen Kolonialgebiet in Vietnam geboren. Am 22. Januar 2022 hat er das irdische Leben mindestens körperlich verlassen. Wie Dalai Lama ist er ein bedeutender Repräsentant der buddhistischen Lehre.

In diesem Artikel folge ich einer ungewöhnlichen Art und Weise, indem ich die Lebenssicht von Thich Nhat Hanh durch eine literarische Perspektive herauskristallisieren werde: nur mit den Titeln einiger Werke, die als nachhaltige Schätze von ihm an die nächsten Generationen vererbt wurden, möchte ich einige Anschlusspunkte in Bezug auf die buddhistische Lehre ausdrücken.

1) Ärger: Befreiung aus dem Teufelskreis destruktiver Emotionen. Goldmann, München 2002: Nur mit dem Titel kann man wohl verstehen, dass die Feindschaft und der Ärger gegenüber bösartigen Emotionen und Phänomenen wie Egoismus, Gier, Unheil usw. erlaubt und vernünftig sind, anstatt gegen Menschen. Gegenüber Begriffen und Phänomenen, die als negatives Potenzial in jedem Menschen vorhanden sind, kann Stellung beziehen.

2) Aus Liebe zu allen Wesen – die bewegende Lebensgeschichte der spirituellen Weggefährtin Thich Nhat Hanhs. Theseus, Stuttgart 2005: Die Liebe ist eine universelle Basis aller spirituellen Bemühungen der Menschheitsgeschichte. Abrahamitische Religionen betrachten jedes Wesen als Gottes Manifestationen. In der islamischen Literatur treffen wir uns mit Geschichten, in denen Männer und Frauen auf dem Weg zu Gottes Liebe doch mit irdischen Lieben geprüft wurden. Eine der berühmtesten davon ist die orientalische Legende von Lailā und Madschnūn. Von seinem Werk verstehen wir, dass Thich Nhat Hanh ans Ufer der Erkenntnis gelangt war. Eine echte Weggefährtin oder ein aufrichtiger Weggefährte können doch Vermittler zwischen Menschen und der kosmischen Liebe sein, die keine Grenzen kennt.

3) Liebe handelt. Wege zu einem gewaltlosen gesellschaftlichen Wandel. Kristkeitz, Heidelberg 1997: Vom Titel kann man herausformulieren, dass die Gewaltlosigkeit ein Zustand ist, der nur durch die Liebe ermöglicht werden kann, auf dem Weg zum gesellschaftlichen Frieden. Das ist eine Art der Stille, die ich am Anfang zu beschreiben versuchte. Diese Stille wurzelt in einer Liebe, die keine Gegenleistung braucht.

4) Mit dem Herzen verstehen. Theseus 1989: Der spirituelle Teil des Menschen ist vielseitig und eigentlich nicht vollständig entdeckt. Diese unentdeckte Dimension der Spiritualität kann von jedem einzigen Mensch anders erfahren werden. Was für ein wunderbares Phänomen des Lebens!? Deswegen vielleicht sagte der andalusische Mystiker und Philosoph Ibn al-ʿArabī: „So viele Atemzüge aller Lebewesen vorhanden sind, gibt es doch so viele Wege zum Schöpfer des Kosmos.“ Und mit diesem Titel des Buches von Thich Nhat Hanh können wir eine andere Vertiefung dieser spirituellen Welt entdecken: das Herz als Mittel zum Verstehen. Genauer gesagt: eine Vernunft mit Herzen. Ein Gleichgewicht zwischen Vernunft und Barmherzigkeit.

5) Im Hier und Jetzt Zuhause sein. Verlag Theseus, September 2006: Das aktuelle und lebendige Zeitverständnis ist eine zentrale Lehre des Buddhismus. Jetzt und hier zu leben, anstatt sich mit der Reue der Vergangenheit oder mit Sorgen um die Zukunft zu befreunden. Diese Weisheit befindet sich in verschiedenen Arten und Formen in anderen Religionen, was ich gern in anderen Artikeln thematisieren würde.

Als ein Muslim kann ich wohl sagen: Thich Nhat Hanh war nicht nur ein buddhistischer Mönch, Lyriker und Schriftsteller, sondern er war nach meiner Sicht ein ehrwürdiger Weltbürger!

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