Das Sprechen über das Leid und die Schmerzen der Menschheit ist keine Frage von Rassismus oder Parteilichkeit – es ist ein Ausdruck von Menschlichkeit. In einer Welt, die von Konflikten, Ungerechtigkeiten und Missverständnissen geprägt ist, erfordert es Mut, ein Gewissen zu haben und dieses konsequent zu nutzen. Doch genau darin liegt unsere Verantwortung und unser moralisches Fundament als Menschen.
Berichte wie der von Amnesty International über den Krieg in Gaza werfen ein Schlaglicht auf eine erschreckende Realität: Über 40.000 Zivilisten, überwiegend Kinder und Frauen, haben allein in Gaza ihr Leben verloren. Gleichzeitig erleben die Familien der Geiseln und die Opfer anderer Gewaltakte unermessliches Leid. Diese Berichte sollten uns nicht in Lager spalten oder uns in Kategorien wie Rassismus oder Ideologie einordnen. Vielmehr sollten sie uns daran erinnern, dass wir alle – unabhängig von Herkunft, Religion oder Weltanschauung – eine gemeinsame Verantwortung tragen.
Unsere Menschlichkeit wird in solchen Momenten auf die Probe gestellt. Die Fähigkeit, Mitgefühl zu empfinden, ist nicht auf eine bestimmte Gruppe oder Perspektive beschränkt. Sie ist universell. Wer jedoch angesichts solcher Tragödien schweigt oder sich bewusst abwendet, läuft Gefahr, die Stimme seines eigenen Gewissens zu ersticken.
Für Menschen aller Glaubensrichtungen und Weltanschauungen liegt die Verantwortung darin, aktiv für Frieden, Gerechtigkeit und Heilung einzutreten. Dies beginnt mit dem Gebet und dem aufrichtigen Wunsch nach dem Wohlergehen aller – unabhängig von der Komplexität der politischen Umstände. Gebete sind ein Ausdruck der Hoffnung, aber sie können nur der Anfang sein. Wir müssen Brücken des Dialogs bauen und uns für Lösungen einsetzen, die das Leiden aller Menschen lindern – seien es die Zivilisten in Gaza, die Opfer von Terroranschlägen oder die traumatisierten Angehörigen von Geiseln.
Der interreligiöse Dialog bietet hier eine besondere Chance. Er ermöglicht es uns, Unterschiede zu überwinden und unsere gemeinsamen Werte – Mitgefühl, Gerechtigkeit und Menschlichkeit – in den Mittelpunkt zu stellen. In einer Welt, die oft von Spaltung und Misstrauen geprägt ist, können wir so gemeinsam ein Zeichen setzen: Das Leiden eines Menschen ist das Leiden aller; vergleichbar des Grundsatzes im Koran (sinngemäß): Einem Menschen das Leben zu retten, ist so, wie die ganze Menschheit zu retten. (Koran 5:32).
Lassen wir uns nicht von der Komplexität der Probleme entmutigen, sondern von der Einfachheit der menschlichen Solidarität inspirieren. Das Licht des Mitgefühls und der Verantwortung kann auch in der dunkelsten Stunde Orientierung bieten – wenn wir bereit sind, uns dieser Herausforderung zu stellen.