Ich bediene mich des marxistischen Vokabulars, da es die Aufsplittung der Gesellschaft recht gut beschreibt, auch wenn zwei Klassen eine zu grobe Einteilung sind. Jeder kennt sicher die Aufsplittung, die ich meine, in seiner eigenen Stadt. Es gibt den Teil, in dem man gut wohnen kann und den Teil, in den man nur ungern geht.
In Dortmund ist dieses Gefälle in Nord und Süd aufgeteilt. Im Süden stehen die hübschen Einfamilienhäuser und im Norden fühlt man sich nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr wohl auf der Straße.
Mein Freund und ich wagten öfter mal die Reise in die Nordstadt, da man dort Baumärkte und die richtig lecker Simit finden konnte. Was den Baumarkt angeht, waren wir keine Ausnahme, was die anderen Geschäfte angeht schon. Wer in der Nordstadt lebt, geht auch in der Nordstadt einkaufen. Wer in der Südstadt wohnt, geht in der Südstadt einkaufen. Daran ist erst einmal nichts Merkwürdiges. Natürlich geht man lieber in der Nähe seines Zuhauses einkaufen, der Weg ist nicht so lang und die Ware bleibt frischer.
Ohne den Umzug aufs Land hätte ich mir wahrscheinlich nie darüber Gedanken gemacht, weil es mir gar nicht aufgefallen wäre, doch seit ich hier bin, wird mir immer stärker bewusst, wie zweigeteilt die Stadt ist.
Nicht beim ersten, aber beim zweiten/dritten Einkauf hier auf dem Land fiel mir etwas Merkwürdiges auf. Das Klientel im Rewe ist völlig gemischt. Junge Leute (wenn auch nicht so viele), alte Leute, abgerissene Gestalten, Personen, die ihre Kleidung sicher nicht von der Stange kaufen und der einfache Arbeiter. Erst war mir überhaupt nicht bewusst, was genau mich daran so erstaunte. Bis wir durch Limburg liefen und ich zu meinem Freund sagte: „Das ist schon kurios, hier ist ein Laden, den du in Dortmund nur auf der Brück (Brückstraße) finden würdest neben einer Boutique mit Preisen, die deine Ohren schlackern lassen.“
Da begriff ich, auf dem Land (zumindest hier) ist es viel gemischter. Egal wie viel Plastik oder Bargeld die Leute in ihrer Geldbörse haben, sie gehen alle in demselben Rewe einkaufen. Billig-Klamotten-Läden befinden sich neben Boutiquen. Kostengünstiger Neubau steht neben historischer Stadtvilla.
Natürlich gibt es auch hier Bereiche, wo hübsche, teure Häuser stehen und Gegenden, wo die Häuser das Gegenteil sind. Trotzdem ist es auf den ersten Blick gemischter und nicht so streng getrennt.
Dieses Phänomen kommt vor allem dadurch zustande, dass es nicht so viele Geschäfte gibt. Nicht in jedem Stadtteil ist ein Rewe (aber in fast jedem) vorhanden. Hier ist eben viel Feld und wenig bewohnt im Vergleich zur Stadt. Trotzdem könnte man auch hier eine unsichtbare Grenze zwischen Nord und Süd oder Ost und West ziehen.
Ich möchte betonen, dass es sich um einen ersten oberflächlichen Eindruck handelt, noch habe ich zu wenig Kontakt zu den Menschen hier, um eine genauere Einschätzung abgeben zu können. Was sich auf den ersten Blick jedoch sagen lässt, in Dortmund war je nach Stadtteil das Klientel im Rewe nicht so bunt gemischt.